Podcast S01E06 – London Bridge Operating Theatre
Das Museum ist in den Überresten der St.-Thomas-Kirche untergebracht, die einst Teil eines großen mittelalterlichen Krankenhauses war.
Wenn du das Museum betrittst, steigst du eine sehr schmale Wendeltreppe hinauf, die dich in den ehemaligen Dachboden führt: ein Ort, an dem Medizin und Heilmittel gelagert wurden. Heute kannst du hier beeindruckende Instrumente, eingelegte Anatomie und das ein oder andere Skelett bewundern.
Der alte Operationssaal wurde 1822 erbaut und diente dazu, Frauen zu operieren und Studenten auszubilden,
Hör dir diese Folge an und erfahre, wie es war, hier Patient zu sein.
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Hier gibt es noch einige Fotos und das Transcript für Dich. Schalte es einfach frei.






Transcript
Hallo und herzlich willkommen zur sechsten Folge von See you in London – Der Podcast.
In diesem teile ich meine Liebe und Leidenschaft für London, seine Menschen, Orte und Geschichte kurz und nett verpackt mit Dir. Für diejenigen unter Euch, die mich nicht kennen, ich bin Sascha Berninger und Gründer von Seeyouin.london. Auf meiner Webseite biete ich London Reisetipps, Neuigkeiten, Reiseplanungen und virtuellen London Stories an. Wenn du schon einmal in London warst, einen Besuch planst, in der tollsten Stadt der Welt lebst oder London einfach nur aus der Ferne liebst, dann ist dies der richtige Podcast für dich.
Heute werde ich Dir ein bisschen über das Old Operating Theatre nähe der London Bridge erzählen und darüber, was es ist und was das Gebäude einmal war.
Und es ist einer dieser Orte, die ein bisschen so sind wie das Foundling Museum. Eines der etwas weniger bekannten Museen, die London zu bieten hat. Aber dafür ist es einfach großartig und sogar ein bisschen geheimnisvoll, wenn man bedenkt, wie es gefunden wurde.
Das Old Operating Theatre befindet sich in der Nähe der London Bridge, genauer gesagt in der St. Thomas Street. Es ist die Straße, die vom Borough Market bis zum Shard führt. Also eine ziemlich gute Lage. Das geheimnisvolle am Theatre ist, dass es einem nicht sofort bewusst ist, dass man das Old Operating Theatre betreten hat.
Wenn du es von außen betrachtest, könnte man denken es wäre eine Kirche. Du siehst diesen Kirchturm und dieses rote Backsteingebäude. Wenn du dann hineingehst, dich nach rechts wendest, könntest du denken das du dich in einem anderen Hauptgebäude befindest. Aber nein, du gehst hinein und steigst diese Wendeltreppe hinauf, deren Geländer aus Seilen besteht, deren Holzdielen knarren und die eine sehr gemischte, eigenartige Atmosphäre ausstrahlt. Du steigst hinauf in die Spitze dieses Turms und ich werde gleich darauf zurückkommen, wenn es darum geht, was du als Nächstes sehen wirst, aber vorher noch zum Straßennamen denn er ist sehr wichtig für die Geschichte des Old Operating Theatres. Der erfindet sich nicht in einer Kirche oder besser gesagt in einer herkömmlichen Kirche die St. Thomas Church genannt wurde, wie wir es normalerweise gewohnt sind. Man weiß auch nicht genau, wann sie gebaut wurde, zumindest die erste, denn es gab schon mehrere. Aber man denkt, dass sie ungefähr im 12. Jahrhundert gebaut wurde. Die Kirche wurde Thomas Beckett gewidmet, der ein Heiliger war oder besser gesagt ist und 1170 von vier Rittern getötet wurde.
Es gibt einen berühmten Ausspruch des damaligen Königs Henrys II: „Who will rid me of this troublesome priest?“ (Kann mich jemand von diesem unruhigen Priester befreien?) Vier Ritter hörten dies, schmiedeten einen Plan und machten sich auf den Weg nach Canterbury, um den heiligen Thomas Beckett zu töten. Während der Reformation änderte sich der Name dieser Kirche und der Schrein von Thomas Beckett wurde durch König Henry dem Achten zerstört. Nun, nicht von ihm persönlich, aber die Schreine und die Widmungen für die Heiligen wurden entfernt. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Name der Kirche in London Bridge in St. Thomas der Apostel geändert.
Die Kirche war ein Teil eines riesigen Krankenhauses. Wenn man heute eine Kirche baut, gehört immer eine kleine Kapelle dazu, aber damals, wenn eine Kirche gebaut wurde, war die Kapelle riesig. Sie war mit einer großen Kirche verbunden, und genau das war St. Thomas. Sie diente den Bewohnern des Krankenhauses und wurde als Ort genutzt, an dem Menschen, die im Krankenhaus starben, begraben wurden.
Die Kirche erhielt im 17. Jahrhundert einige Erweiterungen, darunter auch den Glockenturm. Im Jahr 1697 wurde berichtet, dass die Kirche so verfallen war, dass die Menschen Angst hatten, sie zu betreten. Deshalb wurde sie im neoklassizistischen Stil wieder aufgebaut und mit roten Ziegeln aus Whitestone verkleidet. Und dies ist heute ein Teil des Museums. Die Kirche oder was nun das Museum ist, ist der älteste noch erhaltene Teil des St. Thomas Hospitals. Und dieses Krankenhaus war, als es noch existierte, riesig. Es reichte vom Borough Market die Straße hinunter bis zum Ende der Tooley Street. Also quasi von der London Bridge bis zur Tower Bridge. Die Abteilung für Frauenheilkunde befand sich dort, wo heute das Museum ist. Die Abteilung für Männerheilkunde befand sich dort, wo heute der Shard sich befindet. Und dann gab es noch die Verwaltung in der Mitte.
Aber genug über die Straßen erzählt. Kommen wir zurück zu dieser Wendeltreppe. Wie ich schon sagte, hast du dieses wirklich atmosphärische, weit oben gelegene Bauwerk. Du hast das knarrende Holz im Ohr. Und dann kommst du plötzlich in das ehemalige Garrett, das 1822 erbaut wurde. Das Museum feiert in diesem Jahr das zweihundertjährige Bestehen des Garrett und des alten Operationssaals, die beide zu dieser Zeit entstanden sind. Ein Garrett ist ein Ort, an dem Medikamente und getrocknete Kräuter hergestellt wurden, die man für alle möglichen Heilmittel und zur Unterstützung der Menschen verwendet hat. In diesem speziellen Raum, dem Garret, wurden diese Dinge gelagert, bevor sie an andere Orte verschickt, im Krankenhaus selbst oder an anderen Orten in London verwendet wurden. Dies ist ein Teil des Museums, und er befindet sich im Osten, ganz oben, umgeben von Holz. Du hast Holzbalken über dir und das Licht fällt durch das Fenster auf all die bunten Flaschen, die früher mit allen möglichen Dingen gefüllt waren, um den Menschen zu helfen. Es riecht nach Gewürzen und Kräutern. Es liegen verrückte Instrumente herum, die aussehen, als würden sie eher im Clink-Museum für die Folter verwendet werden.
In einigen dieser Dinger befinden sich Augäpfel, Herzen und Lungen. Es ist ein Fest für die Sinne. Hannibal Lector würde sich hier sehr wohlfühlen. Es ist wirklich sehr stimmungsvoll. Wenn du dort oben ankommst, kann man sich gut einen verrückten Zaubertrank brauenden Typen in der Ecke vorstellen, der Heilmittel mischt und einen Kessel oder so etwas vor sich stehen hat. Es ist sehr erstaunlich.
Und natürlich ist es dunkel da drin. Nur ein bisschen Licht kommt durch und scheint auf bestimmte Gegenstände, was teilweise sogar ganz schön sein kann. Neben dem Garrett gehst du eine kleine Treppe hinauf und befindest dich plötzlich in einem völlig anderen Raum. Es ist der Operationssaal, das alte Operation Theatre, das ebenfalls 1822 erbaut wurde und speziell für Operationen an Frauen diente. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass sich hier die Abteilung für Frauenheilkunde befunden hat. Wenn vor 1822 Frauen behandelt werden mussten, geschah dies auf dieser Station. Nehmen wir an, du liegst dort auf der Station in deinem Krankenbett und weißt, dass dir der Fuß amputiert werden muss. Um dich herum ist ein Vorhang. Und nebenan liegt Carmen, der gerade das Bein und ein Teil der Zehen amputiert werden.
Du hast nur diesen kleinen Vorhang um dich herum und hörst die Frauen in den Betten nebenan schreien, weil sie operiert werden. Eine schreckliche Vorstellung, oder? Ein Operationssaal sollte nicht weit von der Station selbst entfernt sein, aber auch nicht zu nah. Ich glaube auch nicht, dass er schalldicht war, also hätte man ihn wahrscheinlich immer noch gehört, wenn er etwas weit entfernt gewesen wäre. Der Operationssaal für Männer wurde 1755 eingerichtet, obwohl es natürlich mehr Männer gibt, die in den Operationssaal kommen, weil mehr Männer in den Berufen arbeiten, in denen alle möglichen Gefahren lauern. Also Soldaten, Seeleute und Fabrikarbeiter. Und durch die industrielle Revolution, beginnen nun auch mehr Frauen in Fabriken zu arbeiten, und dadurch kamen nun auch mehr Frauen in den OP.
Um den Operationssaal zu beschreiben, der sich heute ein wenig verändert hat. Wenn du ins Museum gehst, haben sich zum Beispiel die Dielen, auf denen du stehst, verändert. Darüber befindet sich ein Oberlicht, das 1822 geschaffen wurde, um das Licht hereinzulassen und die Person, die operiert wurde, zu beleuchten. Du wirst feststellen, dass es viele Sitzplätze gibt, die fast eine Art U-Form haben. Es war also nicht nur ein Ort, an dem Menschen operiert wurden. Es war auch ein Ort des Lernens. Wenn du ein Student warst, gingst du dorthin und lerntest genau, was für eine Amputation oder andere Dinge, die sie machen wollten, nötig war. Zu dieser Zeit studierten die Chirurgen noch nicht an der Universität, sondern gaben ihr Wissen an ihre Lehrlinge weiter. Wenn du also im Operationssaal bist und es ist wirklich viel los und der Kopf von jemandem dir im Weg ist kann es gut sein, dass du einen wichtigen Teil verpasst hast.
Das Old Operating Theatre ist der älteste Operationssaal in Europa. Es gab ihn schon vor der Anästhesie und vor der Antiseptik. Du kannst dir also vorstellen, dass es nach modernen Maßstäben ziemlich schrecklich gewesen wäre, wenn du an einen Ort wie diesen gekommen wärst. Für sie wäre es wie ihr Alltag gewesen, in einem Raum, der größtenteils aus Holz bestand, einfach ihren Geschäften nachzugehen. Es gab keine Möglichkeit, wirklich gründlich zu putzen. Sie haben den Raum vorher gereinigt. Aber es war eher rudimentär.
Du musst dir also vorstellen, dass der Operationssaal im Grunde so eingerichtet ist wie ein Theater. Als sich die Chirurgie professionalisierte und die Ausbildung von Chirurgen immer wichtiger wurde, war es wichtig, wie viele Studenten es gab und wie viele Operationen man sehen konnte, denn man lernte damals durch Beobachtung. Und ein Theater ist die perfekte Einrichtung dafür, weil du einen zentralen Punkt hast, von dem aus alle etwas sehen können. Und natürlich ist es ein erhöhter Operationssaal, was bedeutet, dass die Köpfe aller Teilnehmer übereinander liegen, so dass jeder auf jeder Ebene theoretisch sehen kann.
Was glaubst du, wie viele Leute ins Old Operation Theatre passen?
Es sind ungefähr 150 Schüler die alle wie Sardinen zusammengepfercht gewesen. Ein paar Bilder habe ich Dir auf meiner Webseite in den Show Notes zur Verfügung gestellt, den Link findest du in der Beschreibung dieser Folge. Ich meine, du siehst diesen Raum, in dem schon 30 Personen saßen, und er wird voller und voller. Und natürlich gab es auch eine Rangordnung, wie und wo man saß oder stand, war ausschlaggebend.
Es gab eine Hierarchie, sogar innerhalb des Operationsbereichs selbst, noch bevor man einen Patienten hereinbrachte, und der Ort, an dem man sich befand, sagte etwas über deinen Status aus und darüber, welche Art von Studenten du warst. Warst du einer von ihnen? Warst du ein anderer Chirurg, der nur beobachten wollte? Warst du so etwas wie eine schicke Person aus der Sokratie, die zum ersten Mal einen Blick darauf werfen wollte? Dann bekommst du direkt einen Stuhl im Operationsbereich. Direkt hinter dem Arzt am Operationstisch.
Ich mache keine Scherze. Das waren sozusagen die VIPs, die in den Raum kommen, um den chirurgischen Eingriff aus erster Hand zu sehen. Und natürlich wirst du, je nachdem wie lange du lernst, immer weiter von der eigentlichen Operation entfernt sein. Es wurden sogar Eintrittskarten für Operationen an die Allgemeinheit verkauft.
Die Operationen waren für die Menschen sehr interessant, denn es war die Zeit, in der die Dinge passierten. Es war das Zeitalter der Modernität und der Rationalität, der Aufklärung und so weiter. Und die Leute kamen tatsächlich und sahen sich die Operationssäle an. Und was hier geschah, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die Geschichte verändert. Sie waren überall zu sehen. Schon eine etwas morbide Vorstellung, einfach so sich eine Operation anzusehen. Aber es gab nun mal diese Art von Neugierde. Im St. Thomas’ gab es keine anderen Operationssäle. Sie waren ausschließlich für Studenten gedacht, und das lag daran, dass sie sehr viele Studenten hatten und deshalb nicht genug Platz für alle hatten, die hierherkommen wollten. Sie teilten sich die Operationssäle auch mit den Kollegen des Guy Hospital. So konnten die Schüler von Guys und die Schüler von St. Thomas hierhin kommen. Der Operationssaal war also definitiv der richtige Ort, wenn du Chirurg werden wolltest. Du lernst durch Beobachtung und aus erster Hand, wie es aussieht, noch bevor du den Raum betrittst und dir die Operation ansiehst. Eine Operation war ziemlich dramatisch gewesen, denn die Operationen waren sehr rudimentär, was die Arten von Operationen angeht, die man damals im OP durchführen konnte.
Man konnte zum Beispiel eine Lithotomie durchführen. Das ist also im Grunde genommen die Entfernung eines Blasensteins. Das ist sehr unangenehm, besonders für Männer. Und natürlich trat es bei Männern viel häufiger als bei Frauen auf. Und einige dieser Blasensteine haben die Größe von Hühnereiern gehabt. Es gibt Horrorgeschichten über Männer, die versucht haben, sie selbst loszuwerden – in dem Sie einfach einen Hammer nahmen. Den Rest überlasse ich Deiner Fantasie. Neben der Lithotomie kannst du auch eine Trepanation
haben, d.h. jemand schlägt dir z. B auf den Kopf oder du hast einen Unfall. Um den Druck abzulassen, kann man ein Loch im Schädel bohren, damit die überschüssige Flüssigkeit abfließen kann. Klingt ungewöhnlich, aber Menschen haben das überlebt. Es müssen schreckliche Eingriffe gewesen sein, aber die Menschen haben sie überlebt, weil die Chirurgen wussten, was sie taten. Und natürlich gibt es neben der Trepanation auch Amputationen jeglicher Art.
Gliedmaßen werden also operiert, auch wenn es sich dabei um Masseektomien handelt, also um externe Tumore, die entfernt werden müssen. Nicht unbedingt nur eine Gliedmaße.
Aber es könnte tatsächlich alles sein, was herausgenommen werden konnte. Das war aber auch schon das Einzige was sie im Operationssaal machen konnten. Sie hatten nicht die Mittel, um innere Operationen durchzuführen. Das sind alles große Eingriffe zu dieser Zeit gewesen, aber sie wussten, wie man sie richtig gut macht. Sie haben die Operationen nicht nur beobachtet, bevor sie einen lebenden Patienten bekamen, sondern sie haben zuvor auch an Leichnamen geübt. Es war also viel damit verbunden, dass die Schüler diese Eingriffe selbst lernen mussten. Und wenn du ein Patient warst, war das St. Thomas’ leider ein Krankenhaus für arme Arbeiter. Es gibt leider nicht sehr viele Stimmen von ihnen, wie sie diese Zeiten erlebt haben. Aber ich denke, wir können unsere Vorstellungskraft und unser Einfühlungsvermögen nutzen, um uns in diese Zeit zurückzuversetzen. Ich meine, diese Menschen sind so verletzt, dass sie in einen Operationssaal kommen müssen. In einem Operationssaal zu sein bedeutet, dass du so oder so sterben wirst. Wenn du also einen komplizierten Knochenbruch hast, kannst du ihn im Grunde wieder zusammensetzen. Aber wenn Dein Knochen gesplittert und gebrochen ist und man ihn von außen sehen kann, dann ist es unmöglich ihn wieder zusammenzusetzen. Es wird sich also entzünden, Du wirst Wundbrand bekommen und einen langsamen und schmerzhaften Tod sterben, der auf jeden Fall furchtbar sein wird. Wenn der Chirurg also zu dir kommt und fragt: “Dürfen wir deine Gliedmaßen amputieren? Dann wirst Du wahrscheinlich sagen: “Ja, bitte!” und die Gliedmaßen dann einfach abnehmen lassen
Denn wenn das der einzige Weg ist, wie du überleben kannst, dann wird jeder von uns diesen Weg wohl wählen.
Also wurde die OP eingeleitet. Natürlich wurden die Patienten um ihr Einverständnis gebeten, bevor sie auf den OP-Tisch gelegt wurden. Während meiner Recherche hierzu habe ich erst neulich gelesen, dass manche Leute, sobald sie auf dem OP-Tisch lagen, ihre Meinung änderten und beschlossen, wegzulaufen, obwohl sie bereits ja gesagt haben. Aus der Sicht der Patienten wäre es also ziemlich schrecklich gewesen, so etwas mit ansehen zu müssen, hätten sie dennoch mit der OP weitergemacht. Frauen, die operiert wurden, bekamen die Augen verbunden, bevor sie den Raum betraten, vor allem wegen ihrer eigenen Sensibilität, denn jede OP egal ob bei Mann oder Frau war ein Spektakel.
Das ganze Drumherum ist in gewisser Weise ein Spektakel, auch wenn es einen pädagogischen Zweck hat. Aber es ist ein Spektakel. 150 Männer, die alle zuschauen, keiner von ihnen verhielt sich still, sie unterhalten sich miteinander und beobachten gleichzeitig den Vorgang. Dadurch war es natürlich laut, dabei wurde außerdem geraucht und es gab regelrechte Rauchwolken.
Auch gibt es immer wieder Momente, in denen zu viele Leute um den Operationstisch herumstehen und der Chirurg musste aufhören und die Leute auffordern, sich zu bewegen und zurückzugehen, weil sie nicht genug Platz zum Operieren hatten.
Sagen wir einfach, wir nehmen an einer Amputation teil. Sie bringen also den Patienten auf den Operationstisch. Sie legen auf jeden Fall einen Druckverband an, um sicherzustellen, dass so wenig Blut wie möglich verloren geht. Sobald das Geschehen ist, kommt der Chirurg in den Raum. Er wird die Operation so schnell wie möglich durchführen. Er schneidet einfach durch das Fleisch und sägt dann durch den Knochen.
Und wenn sie sagten „So schnell wie möglich“ – Wie lange meinst Du wohl hat so eine OP gedauert?
Also idealerweise zwei Minuten. Die viktorianische Chirurgie ist nicht umsonst als viktorianische Schnellchirurgie bekannt, denn es gibt drei Möglichkeiten, wie es laufen kann. Dein Patient kann tatsächlich am Blutverlust oder am Schock auf dem OP-Tisch sterben oder du machst einen Fehler. Ich mache keine Witze. Bei einer der Operationen von Robert Luison machte sein Assistent einen Fehler mit der Aderpresse, und sie haben sie nicht schnell genug angelegt. Deshalb ist der Patient gestorben.
Der Raum ist voll und alle schauen zu.
Robert Listing hat einen Rekord aufgestellt. Er hat ein Bein in 30 Sekunden amputiert. Was auch wiederum gut war, denn sein wir ehrlich – du willst, dass sie dir so wenig Schmerzen wie möglich zufügen. Und natürlich hängt der Schmerz damit zusammen, wie schnell du den Eingriff durchführen kannst. Stell dir vor, Benjamin Traverse, der Mann, der den Eingriff im St. Thomas demonstriert hat, hatte eine Patientin, Elizabeth Reagan, die er 20 Minuten lang auf dem Operationstisch hatte.
Die Tatsache, dass sie den Eingriff überlebt hat, war an sich schon ein kleines Wunder. Aber sobald das erledigt war, gab es die Verbandsleute, die den Chirurgen bei seiner Arbeit unterstützten und die Wunde verbanden. Und auch hier wäre es wie bei einem chirurgischen Eingriff gewesen. Die Gliedmaße wurde entfernt und diese fiel in die darunter aufgestellte Blutkiste, damit sie später von einem Schüler zum Sezieren oder Ähnlichem verwendet werden konnte.
Und dabei dürfen wir den Horror vor der Antiseptik und vor der antiseptischen Operation nicht vergessen: Der Patient war während des gesamten Eingriffs wach und aufmerksam. Und ja, man hat ihnen einen Lederbiss gegeben, um die Schmerzen zu lindern, oder man hat ihnen einen Ärztestab gegeben, den das Museum in seiner Sammlung hat und an dem man erkennen kann, wo die Bissstellen von jemandem sind, der den Eingriff hinter sich gebracht hat.
Fassen wir den Horror mal zusammen: Man konnte während des Eingriffes quasi dem Chirurgen direkt in die Augen schauen. Man hat die Kopfstütze der Liege hochgeklappt. Damit der Chirurg sehen kann, dass der Patient nicht tot ist oder einen Krampfanfall bekommt. Im Raum ist Rauch zu sehen, die Leute unterhalten sich. Du, als Patient, hast wahrscheinlich ein bisschen Alkohol getrunken. Du kannst nichts sehen, weil dir die Augen verbunden wurden. Und dann ist da noch der Holzstab, den du in deinem Mund hast. Nur für den Fall, dass du etwas zum Ablenken des Schmerzens brauchst. Und zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Betäubung. Also der Schmerzpegel, der Schrecken. Und dann noch der Anblick des Chirurgen dessen Schürze natürlich auch blutverschmiert gewesen ist.
Vor allem konnte man damals eine saubere Operationsschürze auch nicht erwarten da dies meist ein Zeichen dafür war, dass sie schon viele Operationen hinter sich hatten. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Aber interessanterweise ist eine Form der OP übriggeblieben. Beim ersten Schnitt macht der Chirurg eine U-Form. Und das machen sie immer noch.
Ich sollte an dieser Stelle erwähnen, dass es jetzt ein bisschen blutig wird. Wenn du es also nicht so genau nimmst, dann spule ein paar Minuten einfach vor …
Nehmen wir mal an, dein Bein wird direkt unterhalb deines Knies amputiert. Dabei wird ein U-förmiger Schnitt gemacht. Er befindet sich direkt unterhalb des Knies. Das überschüssige Stück Haut wird als Hautlappen verwendet, wenn du so willst. Ich bin mir sicher, dass das nicht der richtige Ausdruck ist. Dieser wird dann über die Wunde gelegt. Die Assistenz würden die Haut zurückziehen. Sie legen dann die Aderpresse an. Unter dem Einschnitt befindet sich eine Blutkonserve. Nehmen wir an, mein Bein ist gerade abgenommen worden. Nun kommt es auf das richtige Timing an, denn je länger du da drin bist, desto wahrscheinlicher ist es, dass du stirbst. Die schnellste Person hat es in 30 Sekunden geschafft. Und du kannst dir vorstellen, wie alle gejubelt haben, als das Bein in die Blut box fiel, die die Schüler benutzt haben. Nichts war umsonst. Jeder wollte es sich ansehen und untersuchen
Mit einer Pinzette wurden die Venen herausgezogen und mit Seidenfäden, die aus Bettlaken von zuvor verstorbenen Patienten hergestellt wurden, zusammengebunden.
Superlustig, nicht wahr?
Und natürlich starben viele nicht nur an Schock oder Blutverlust, sondern auch an Infektionen. Im Jahr 1847 wurde die Anästhesie eingeführt. An dieser Stelle werden die Chirurgen natürlich ein bisschen übermütig, weil sie denken: “Nun, der Patient ist ja bewusstlos. Ich kann tiefer in die Wunde eindringen und ein bisschen herumspielen. Schlimm, oder? Und wenn der Patient nicht wach ist und mit dir reden und dir seine Schmerzen mitteilen kann, gehst du davon aus, dass es ihm gut gehen muss.
Denn natürlich hatten sie nicht wirklich mit etwas zu tun, das intern war. Es ging um Dinge, die äußerlich oder nahe an der Oberfläche lagen. Sie haben es nicht mit den Organen und so zu tun. Wenn die Leute also k.o. sind, denken sie: “Lass uns mal nachsehen. Nein. Und die Sterblichkeitsrate ist zu diesem Zeitpunkt in die Höhe geschnellt. Aber der anderen Seite mit der Betäubung sank die Sterblichkeitsrate, weil die Leute betäubt wurden und die Dinge erledigt werden konnten. Der Schockzustand blieb damit aus. Aber dennoch wurden die Chirurgen übermütig.
Es ist nicht toll, aber es ist auch einfach eine andere Welt. Ich frage mich, ob wir uns in 200 Jahren die Museen in den Krankenhäusern ansehen werden, die wir heute benutzen. Und ob die Leute absolut schockiert und entsetzt über die verschiedenen Dinge sind, die wir heute tun. Natürlich ist 1822 ein sehr wichtiges Datum, aber ein weiteres wichtiges Datum ist 1956. Das ist das Jahr, in dem das Old Operation Theatre und das, was von der Thomaskirche und dem Krankenhaus übrig ist, plötzlich entdeckt wird. Du fragst dich jetzt bestimmt Hä, wie plötzlich entdeckt? 1862 wurde das Krankenhaus geschlossen und zog dahin um wo sich das St. Thomas Hospital heute befindet – in Southwark, gleich bei der Westminster Bridge und das Hauptkrankenhaus in der Gegend ist jetzt das Guys Hospital. Der Grund für den Umzug sind mehrere Dinge. Der Hauptgrund war, dass die Eisenbahn in den 1860er Jahren aufkam und man mehr Platz für die London Bridge brauchte, die der erste oberirdische Bahnhof in London war. Zu diesem Zeitpunkt, als die Eingänge des Krankenhauses zum Garrett komplett versperrt waren, kam Raymond Russell herein, der gerade über die Geschichte des St. Thomas Hospitals recherchierte, und beschloss, ein wenig herumzustöbern und nachzuforschen.
Er fand also diesen kleinen Raum, in dem er eine Leiter hinaufstieg in das heutige Museum oder das ehemalige Garrett, wo all diese unglaublichen Dinge ausgestellt sind. Und er ging von dort den alten Operationssaal. Dort war es sehr dunkel, denn dort, wo heute das Oberlicht ist, durch das das Licht einfällt, war damals schwarz gestrichen, und alle anderen Fenster waren voller Schmutz und Staub. Ich kann mir vorstellen, dass es ein wenig unheimlich war, vor allem wegen der knarrenden Dielen und der unberührten Atmosphäre, in der so viel passiert ist. Und, oh Gott, es war eine ganze Menge
Du kannst dir das kribbelnde Gefühl vorstellen, dies zum ersten Mal seit 100 Jahren zu entdecken.
Das war 1956. Heute ist es eines der Museen, die nicht zu den gewöhnlichen Museen gehören. Es hat so viel zu bieten. Obwohl es klein ist, könntest du Stunden damit verbringen, dir all die Instrumente zum Schröpfen, Entlüften, Schädelbohren und so weiter anzusehen.
In diesem Jahr gibt es eine ganze Reihe von Veranstaltungen, denn es ist ihr zweihundertjähriges Jubiläum. Außerdem ist es nicht nur das zweihundertjährige Jubiläum des Theaters, sondern auch der 60. Jahrestag, dass es ein Museum ist.
Es gibt also viele Veranstaltungen, Programme, viel über Frauengesundheit, Ferienworkshops und so weiter, und es ist auch ein tolles Museum. Sie haben eine Menge zu bieten. Du kannst dich auf ihrer Website oldoperatingtheater.com informieren, dort findest du alle Details.
Dies soll es für heute mit ein wenig Geschichte Londons gewesen sein. Wenn du meinen Podcast bisher aufmerksam gefolgt bist, dann bist du bereits wunderbar im Bilde welche Sehenswürdigkeiten sich hier in der Nähe der London Bridge befinden. Falls nicht, dann höre dir am besten direkt Folge 3 – The Story of the Shard an. Aber man kann ja nicht immer nur tolle Gebäude und Veranstaltungen ansehen. Die Liebe zu London geht natürlich auch durch den Magen, oder? Also lass uns einen Blick auf tolle Restaurants und Cafés hier in der Nähe der London Bridge und des Shards werfen:
- Ein „Must See“ der immer besucht werden muss, wie ich finde, ist der BOROUGH MARKET. Wenn Du dort nicht satt wirst, dann weiß ich auch nicht ;-)
- The Barrowboy & Banker, 6-8 Borough High St
Ein schöner, rustikaler Pub bei dem du leckeres Essen egal ob Frühstück, Mittag oder Abendessen bekommst - Was entsteht, wenn Deutsche und amerikanische Küche in London aufeinandertreffen? Der Bermondsey Bierkeller in der 4 Tooley St
Deutschland ist bekannt für sein hervorragendes Bier und deftiges Streetfood. Auf der Speisekarte findest du alle deutschen Klassiker wie Currywurst, Schnitzel und Döner, aber auch einige andere Pub-Favoriten (z.B. Burger und Pizza!). - Lust auf einen schnellen Happen oder Lust auf ein herzhaftes englisches Frühstück? Dann ist Marias Market Cafe am Borough Market Dein Go to Spot.
- Ist dir nach Frühstück oder Mittagessen und bist du lieber der oder die süße unter den Herzhaften? Dann schau am besten bei der Bread Ahead Bakery vorbei. Brote, Gebäck, Kuchen und natürlich ihre eigenen Doughnuts warten auf Dich. Ich kann euch die Zimtrollen hier nur ans Herz legen.
- Wie klingt Fried Chicken, Bacon Baguette, Halloumi oder Pulled Pork Burger für Dich? Gut? Dann schnell zu Hash in 3 Green Dragon Court Southwark.
- War noch nicht das Richtige dabei? Hmmmm, wie klingt Sauerteig Pizza für Dich? Bei Franco Manca 15 Winchester Walk gibt es die besten Pizzen der Stadt. Bei mir ist es immer die Nummer 7 und bei Dir? Lass es mich gern wissen.
Und damit sind wir auch schon wieder am Ende dieser heutigen Folge. Ein paar Bilder zum Old Operating Theatre findest du auf seeyouin. london. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du eine Bewertung hinterlassen würdest. Wenn du ein bestimmtes Thema in einer der nächsten Folgen haben möchtest, Fragen hast oder sogar selbst Teil einer Folge werden willst, dann besuche meine Webseite seeyouin. london und schreibe mir eine Nachricht. Über Facebook, Instagram und Twitter geht das natürlich auch unter seeyouinLDN. Folgt mir gern, abonniert diesen Podcast und hinterlasst auch gern ein Like, ich freue mich von Euch zu hören.
Wir hören uns in 2 Wochen wieder, bis ganz bald. Cheerio….
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